Monatsarchiv: Januar 2015

Das Wappen der Herren von Efferen

Nach einigen Wochen ohne Blogbeitrag möchte ich im ersten Beitrag des neuen Jahres etwas über das Wappen des Stolberger Burgherrengeschlechts derer von Efferen und dessen Hintergründe beschreiben. In meinem Bildarchiv bin ich über den schönen Wappenaufriss, wie man eine heraldische Wappenzeichnung nennt, gestolpert, der 1605 im großen Wappenbuch des Nürnberger Wappenmalers Johann Siebmacher (1561- 1611) veröffentlicht wurde.

Vollwappen von Efferen (Siebmachers Wappenbuch 1605/1609)

Vollwappen von Efferen
(Siebmachers Wappenbuch 1605/1609)

Von Efferen

Das Geschlecht derer von Efferen ist ein altes Kölner Patriziergeschlecht, dass erstmals 1197 mit Gottschalk Overstolz Erwähnung fand. Der Legende nach wollte man sich aber bis zur römischen Stadtgründung zurückführen. Im 14. Jahrhundert wurden sie Jülicher Lehensleute und bauten die vor den Toren Kölns, heute in Hürth gelegene Burg Efferen aus und nannten sich in der Folge von Efferen. Die alte Linie Overstolz starb im 15. Jahrhundert aus. Frühere Stolberger Burgherren waren wohl anfänglich den Limburgern zur Treue verpflichtet, dann auch den Kölnern und schließlich seit 1396 gehörte Stolberg zum Herzogtum Jülich-Berg. So kam 1496 mit Vinzenz von Efferen der erste einer Reihe als Burgherr nach Stolberg. Die Efferens waren ja schon in Efferen selbst Lehnsnehmer der Jülicher Herzöge und waren es auch in Stolberg.

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Burg Efferen, Hürth, mit dem im späten 14. Jahrhundert erbauten Torturm, dem ältesten Teil der Burg.

Nach der fruchtbaren Vorarbeit vor allem der Herren von Nesselrode seit 1445, die in Stolberg die Burg neu erbauten und das Metallgewerbe etablierten, führten die von Efferen den Ausbau fort und fühlten sich lange hier wohl. Der letzte männliche Unterherr des Geschlechts war Johann Dietrich, der 1649 kurz nach Ende des Dreißigjährigen Kriegs starb und die Herrschaft auf seine Tochter Odilie übertrug, mit der die Unterherrschaft in den Besitz von Ferdinand Freiherr Raitz von Frentz überging. Die Raitz von Frentz waren wiederum ein Kölner Uradelsgeschlecht, das 948 erstmals erwähnt wurde. Mit den Nesselrodes, Efferens und Raitz von Frentz haben sich alte und einflussreiche Geschlechter in Stolberg lange wohlgefühlt. Schließlich konnte man gut von der Eisen- und Messingherstellung leben. Unter den Herren von Efferen wurde in Stolberg ein umfassendes Gerichtswesen eingeführt, die herrschaftlichen Rechte gefestigt und ausgebaut sowie eine aktive Pfarrgründung entgegen der Eschweiler Mutterpfarre betrieben. Sie setzten sich offensiv mit ihren Nachbarn auseinander, da die kleine und beengte Stolberger Unterherrschaft schwer zu behaupten war. Wirtschaftlich zwar extrem profitabel, politisch aber äußerst beschränkt und angreifbar. Die Herren von Efferen begründeten in 150 Jahren das, was später eine prosperierende Stadt werden sollte.

Das Wappen

Wappen sind in Europa seit dem 12. Jahrhundert belegt und waren adlige Erkennungszeichen. Diese wurden im Kampf getragen und ermöglichten eine eindeutige Identifizierung des Trägers, da die Rüstung und mehr oder weniger geschlossene Helme ein Erkennen im Kampfgetümmel erschwerten. Daraus resultiert die Form des Wappens, das auf den Schild des Ritters aufgemalt war.

Die Farben

Die Farben gehorchen in ihrer Anwendung strengen Regeln, ebenso wie die Gestaltung des Wappenschildes. In der Heraldik, der Wappenkunde, sind nur die Primärfarben Rot, Blau, Grün und Schwarz erlaubt sowie die beiden Metallfarben Gold/Gelb und Silber/Weiß. Jedes Wappen sollte aus mindestens einer Farbe und einem Metall bestehen, nach der Devise „so viel wie nötig, so wenig wie möglich“. Will sagen, ein Wappen soll möglichst kontrastreich in Farbe und gewähltem Motiv sein – Freund und Feind sollen den Träger schließlich schnell und eindeutig auch aus der Entfernung erkennen können. Ähnlich funktioniert es auch heute bei Verkehrszeichen. Kontrastreiche Gestaltung rettet Leben!

Moderne Verkehrszeichen: klare Verwendung von Primärfarben und kontrastreichen Formen.

Moderne Verkehrszeichen: klare Verwendung von Primärfarben und kontrastreichen Formen.

Das Effernsche Wappen zeigt eine klare Gestaltung in Rot-Gold, die die prachtvollsten und auch häufigsten Wappenfarben vereint. Gold ist edler als Silber und Rot die eindrucksstärkste Farbe. Somit sind Farben wie Braun, Grau, Orange oder Violett in Wappen nicht gebraucht worden. Heraldiker sprechen oftmals von der „Verfallszeit“, als seit der Renaissance Brüche und Unsitten in die Heraldik Einzug erhielten, die mit den mittelalterlichen und pragmatisch begründeten Regeln nicht vereinbar waren. Darunter fällt, dass jüngere Wappen manchmal doch Mischfarben enthalten oder auch Farbe auf Farbe bzw. Metall auf Metall enthalten – nach strengen heraldischen Regeln streng verboten! Denn um einen starken Kontrast zu erzeugen, dürfen sich nach heraldischer Auffassung verschiedene Farben oder Metall nicht berühren. Ein blaues Kreuz auf grünem Grund wäre auf Distanz schwer erkennbar. Andererseits gibt es Ausnahmen, die im Grunde die Regel bestätigen: der Vatikan trägt bis heute ein Wappen in Silber-Gold. Da liegt natürlich nahe, dass dem Papst in seinem Wappen nur die edelsten Farben zukommen und er vielleicht in seiner Position über weltlichen Regeln steht.

Der Schild

Auch wenn sich Wappenschilde und Verkehrsschilder in vielen Bereichen ähneln und das Wort selbst verwandt ist, heißt es ‚der‘ Schild bei heraldischen Schilden und bei anderen ‚das‘ Schild. Ein Wappenschild zeigt in den Primär- und Metallfarben verschiedenste Bilder, die in der ursprünglichen Absicht möglichst einfach gehalten sein sollten (und bis heute bei Wappen in ihrer gesamten Komposition einmalig sein sollten). Da gibt es geometrische Figuren, die sogenannten Heroldsbilder, sowie gemeine Figuren, also Darstellungen von Tieren, Pflanzen, Menschen, Fabelwesen, Bauwerken, Geräten, Waffen usw. Das Wappen der Efferens zeigt mit zwei waagerechten Balken und einem ‚Turnierkragen‘ oder ’nach unten gezinnten Balken‘ im Schildhaupt ein Heroldsbild. Die Overstolzen hatten drei abwärts gezinnte Balken im Wappen, als Herren von Efferen wurden die Lätzen der unteren Balken getilgt. Der Wappenschild ist jedoch nur Teil eines Wappens. Ein vollständiges Wappen, ein sogenanntes Vollwappen, besteht des Weiteren aus einem Helm, einer Helmzier und Helmdecken. Nur Städte oder andere Institutionen tragen keinen Helm.

Wappen der Overstolz

Wappen der Overstolz (heraldisch korrekt wäre die Helmdecke hier rot-gold, worauf die gewählte Farbe beruht, ist unklar. Auch die Neigung nach rechts ist bei einem Einzelwappen unheraldisch)

Die klassische mittelalterliche Darstellung zeigt somit stets einen Wappenschild, meist mehr oder weniger geneigt, darüber einen zeitgenössischen Helm und darauf eine Decke in den beiden Hauptfarben des Wappens sowie eine Helmzier. In dem Efferen-Wappenaufriss sehen wir einen aufrecht stehenden Schild, typisch für Renaissance und Barock. Die Schildform weist in die sogenannte nachmittelalterliche ‚Verfallszeit‘, da der Schild keinen echten Kampfschild darstellt. Es ist eine rein heraldische Schöpfung, die auf der ‚Tartsche‘ beruht. Eine Tartsche kam als Schildform im 15. Jahrhundert auf und besaß eine Auswölbung auf einer Seite, wo etwas Platz für die Lanze von Reitern geschaffen wurde. Diese asymmetrische Form wurde in der heraldischen Folgezeit gerne mit beidseitigen Ausbuchtungen versehen, so jedoch nie im Kampf oder Turnier getragen.

Im Prinzip zeigt die Darstellung eines Vollwappens einen Ritter auf seinem Pferd – reduziert auf die wesentlichen Attribute. Die Schild- und Helmform war nicht individuell, sondern nach dem Stand der Rüstungstechnik gestaltet. Im Codex Manesse, der reich bebilderten Liederhandschrift des 14. Jahrhunderts, finden sich zahlreiche Darstellungen von Wappen und Minnesängern.

Herzog Johann I. von Brabant (in der Schlacht von Worringen 1288) (Codex Manesse)

Herzog Johann I. von Brabant (in der Schlacht von Worringen 1288) (Codex Manesse)

Beispielsweise zeigt sie Herzog Johann I. von Brabant als Reiter mit Wappen und Helmzier im Kampf, der sich auch als Dichter einen Namen machte. Man erkennt, warum der Schild schräg stand und wie ein Ritter in voller Rüstung in seinem prächtigen Farbenkleid mit Helmzier auftrat: eine beeindruckende Erscheinung! Farbig, gepanzert, hoch zu Ross mit Helmzier obenauf musste ein Ritter mit einer Gesamthöhe von drei Metern unfassbar erscheinen. Nicht dreckig oder derb, sondern bunt und prächtig und alles andere als alltäglich. Zurück zu den Wappen: er trägt ein Allianzwappen mit dem Brabanter Löwen und dem Limburger Löwen in Silber-Rot. Das Letzte ist beispielsweise in Stolberg zu später Ehrung gekommen, als es in abgewandelter Form 1880 zum Stadtwappen erkoren wurde. Denn das älteste bekannte Wappen Stolberger Burgherren, der Herren von Frenz im 13. Jahrhundert, wurde zum Stadtwappen erklärt und dieses war damals eine Abwandlung des gräflichen Geschlechts der Herren von Limburg. Die Herren von Frenz, die Stolberg im 13. Jahrhundert in Besitz nahmen, wie auch vermutlich die Herren von Stalburg selbst, Begründer der hiesigen Burg, waren Vasallen der Limburger und übernahmen ihr Wappen. Jedoch wurden die Farben getauscht: nun fand sich ein silberner Löwe auf rotem Grund. Der schwarze Turnierkragen sowie die Bestreuung mit Steinen sind zusätzliche Unterscheidungsmittel. Der Turnierkragen (oder abwärts gezinnte Balken) wurde wohl als Stofflätzen vom Ritter um die Brust gelegt getragen und war gerade im Rheinland ein beliebtes Unterscheidungsmerkmal. Auch das Wappen der Herren von Efferen zeigt ihn in typischer Position im Schildhaupt, jedoch als Heroldsbild und nicht als Unterscheidungszeichen. Um den Löwenkopf nicht zu verdecken, ‚rutschte‘ er im Frenzschen Wappen in die Mitte.

Hartmann von Aue (Codex Manesse)

Hartmann von Aue (Codex Manesse)

Der Helm

Für Adlige war seit dem 16. Jahrhundert in der Wappenkunst der Bügelhelm vorgesehen, der aus einem Turnierhelm des 15. Jahrhunderts hervorging. Die ältere Variante des sogenannten Stechhelmes war nun dem Bürgertum in ihren Wappengestaltungen vorbehalten. Gerade in der (frühen) Neuzeit, als man in der Auslegung der Heraldik äußerst flexibel war, wurde dies auch oftmals ignoriert und beispielweise schmückten sich die Stolberger Kupfermeister gerne mit ‚adligen‘ Bügelhelmen.

Die Helmzier hatte eine echte, dreidimensionale Figur zum Vorbild, die der Ritter in Krieg und Turnier auf dem Helm trug. Sie kann Bezüge zum Wappenbild haben, also einen Löwen darstellen, wenn ein Löwe im Wappenschild zu sehen ist, oder etwas völlig anderes darstellen. Ursprünglich sollte die Helmzier den individuellen Träger innerhalb einer Familie identifizieren, doch sie verschmolz mit der Zeit fest mit dem Wappen. Die Familie von Efferen führte einen Elefanten als Helmzier. Warum, muss im Dunklen bleiben. Prinzipiell waren Tiere beliebt, die eine gewisse Stärke symbolisierten. Diese sind die dem Menschen nicht dienstbaren Tiere – Nutztiere, die auf dem Teller landeten, waren demnach eher ungewöhnlich. Ein Adliger wollte sich kaum mit einem Hausschwein, Huhn oder einer Kuh identifizieren lassen, Adler, Bären, Löwen waren hingegen beliebt. Es gab aber auch Helmzierden gestaltet als Hüte, mit Federbüschen, mit Flügeln, Köpfe von Tieren und Menschen, Pflanzenteilen, Gerätschaften wie Käfigen oder Windmühlen – der Phantasie waren keine Grenzen gesetzt. Hergestellt wurden diese Objekte aus Pappmachee, Gips, Holz und Draht. Im 15. Jahrhundert wurde es Mode, in Turnieren ihr Abschlagen vom gegnerischen Helm zum Ziel des Schaukampfes auszurufen. Vereinigte Wappen konnten mehrere Helmzierden der einzelnen Ursprungswappen tragen, wie das Wappen aus dem Siebmacher der Herzöge von ‚Iülich und Cleve‘ zeigt.

Wappen der Herzöge von Jülich-Kleve-Berg (Siebmachers Wappenbuch)

Wappen der Herzöge von Jülich-Kleve-Berg (Siebmachers Wappenbuch)

Die Helmdecke war stets in den Farben des Wappens gehalten, wobei immer das kostbare Metall die Innenseite ziert, während die Farbe dem Wetter ausgesetzt war. Schließlich war dieses Tuch ein Mittel, den metallenen Helm schmückend zu umwinden und ein Aufheizen in der Sonne zu vermindern. Da darauf die Helmzier als großer und teils sperriger Aufbau befestigt werden musste, zeigt die Heraldik für gewöhnlich bei Adelswappen eine Krone und sonst eine sogenannte Helmwulst, einen aus Stoff gebildeten Ring, die das Befstigungswerk selbst verschleiern sollte. Oben sehen wir im Efferenwappen eine Zeichnung, die dieses nicht unbedingt braucht, da der Elefantenkopf direkt aus dem Tuch hergestellt scheint. Da entfällt die Befestigung – man sieht, Heraldik ist recht pragmatisch. Ein grauer Elefantenkopf würde eine Krone als Kaschierung benötigen und ja: Helmzierden dürfen alle Farben beinhalten, sie können also naturalistisch sein und folgen nicht den heraldischen Farbregeln.

Zurück zu den Farben

Burg Stolberg mit Klappläden in den Stadtfarben

Burg Stolberg mit Klappläden in den Stadtfarben

Das Wappen der Efferen zeigt die häufigste Farbkombination in Rot-Gold. Das heutige Stadtwappen, zurückreichend auf das Wappen der Herren von Frenz, ist in Rot-Silber gehalten, ebenso wie zufälligerweise die Wappen anderer Burgherren Stolbergs, Schönforst und Reifferscheid. Aber diese sollen vielleicht ein anderes Mal thematisiert werden…

Gemäß der heraldischen Logik müssten die Stadtfarben Stolbergs Rot-Silber sein, da diese aus dem Wappen abgleitet werden müssten. Dem ist nicht so, wie jeder in Stolberg weiß und es ist gar nicht so unpassend, dass die Stadtfarben Rot-Gold – wohl zufällig – auf das große Geschlecht Stolbergs verweisen. Mit ihnen brachen in Stolberg ‚goldene‘ Zeiten an. Das Gold war zwar Messing, aber der daraus resultierende Wohlstand bewog vielleicht die Stolberger, sich mit Gold statt Silber zu schmücken.

Kategorien: Burg, Verschiedenes | Ein Kommentar

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